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AutorenbildTom David Frey

Gänsehaut statt Fakten: Wie Bilder die Demokratie bedrohen

Nach zahllosen Schlammschlachten und etlichen Skandalen steht am Ende eines turbulenten Wahlkampfjahres der Sieger fest: Der 45. wird auch der 47. US-Präsident. Es wird Donald Trump sein, der am 20. Januar 2025 das mächtigste Amt der Welt übernehmen und abermals ins Weiße Haus einziehen wird.


Die Geister scheiden sich jedoch an der Frage, ob die erneute Amtszeit Trumps das Fundament der Vereinigten Staaten gefährden wird – oder ob das Volksvotum Ausdruck gelebter Demokratie ist.


Courtesy: Donald J. Trump Presidential Library

In Deutschland schäumt die Wut. Kommentatoren und Journalisten hauen in die Tasten, um die eigenwilligen Amerikaner dafür zu schelten, dass sie nicht die uncharismatische Juristin, sondern abermals den streitbaren Unternehmer aus New York ins mächtigste Amt der Welt gewählt haben.


Schwer verständlich scheint das Wahlergebnis denen, die in Deutschland die Tagesschau schauen oder den Spiegel lesen.

Fast verrückt scheint es denen zu sein, die das von Grafikern des Stern-Magazins zusammengeschusterte Cover nicht vergessen können, auf dem Trump mit zum Hitler-Gruß gerecktem Arm dasteht.

Dumm erscheint die Stimmen- und Wahlmännerhoheit Trumps denen, die die amerikanische Demokratie grundsätzlich belächeln und das Volk jenseits des Atlantiks als ungebildet abtun, vergessend, dass es im eigenen Land brennt: Wo es unter Kaiser Wilhelm II. um die Jahrhundertwende in deutschen Landen weniger als 1 % Analphabeten gab, liegt der Wert heute bei über 12 % – eine vernichtende Zahl für ein Land, das sich mit Dichtern und Denkern schmückt.



Braucht Amerika Demokratie-Nachhilfe?


Einige Kommentatoren schwingen sich gar dazu auf, Amerikanern die Demokratie erklären zu wollen. So, als seien die Amerikaner ein Volk, das der Nachhilfe des von der Landesfläche her kleinen, von der Ethik her großen Bruders Deutschland bedürfe.

Zu vergessen scheinen kritische Schreiberlinge in den Redaktionen, dass es die Vereinigten Staaten waren, die die Demokratie im großen Stil etablierten und die ihr eine andauernde Strahlkraft verliehen, die bis heute Menschen in repressiven Regimen dazu antreibt, unter dem Star-Spangled Banner für ihre Rechte aufzustehen.

Wo die amerikanische Demokratie spätestens seit der Präsidentschaftswahl George Washingtons im Jahr 1788 eine stabile Konstante ist – und das trotz teils wilder und ungemütlicher Staatschefs – war Deutschland im selben Zeitraum nicht der Leuchtturm der freien Welt, als der man sich gerne fühlt. Im Gegenteil. Wo amerikanische Präsidenten sich – teils widerwillig, teils sportlich – den Staffelstab friedlich übergaben, wechselten sich in deutschen Landen Monarchie und Kaiserreich, faschistische und kommunistische Regime mit zwei Demokratien ab.


„Die Freiheit ist eine zerbrechliche Sache, und sie ist nie mehr als eine Generation vom Aussterben entfernt. Sie wird uns nicht vererbt, sondern muss von jeder Generation immer wieder neu erkämpft und verteidigt werden.“ – Schon 1967 stellte Ronald Reagan fest, was keine Entwicklung der Neuzeit, sondern was inhärente Herausforderung ist: Die die Freiheit absichernden Werte und Institutionen sind immer fragil und bedürfen fortdauernder und entschlossener Verteidigung gegen die vielen wohlmeinenden Einengungen und Aushöhlungen durch die jeweiligen zeitgenössischen ideologischen Strömungen.



Also doch kein Grund zur Sorge?


Und doch gibt es heute Anlass zur Sorge, verursacht vom umstrittenen ehemaligen und zukünftigen Präsidenten. Wenn Trump an der Idee festhält, Wahlen nur gewinnen zu können – und wenn er Niederlagen generell als Manipulation abtut – dann rüttelt er am demokratischen Fundament Amerikas.

Die nötige Bescheidenheit, die einen weitsichtigen Politiker auszeichnen kann, besitzt Trump nicht.


Aber auch die in Europa oft geschönt porträtierten Kandidaten der Demokratischen Partei rütteln vehement am Wertefundament Amerikas.

Wenn Kandidaten der Demokratischen Partei verkünden, Sicherheitsmechanismen wie das Electoral College abschaffen zu wollen, das von den Gründungsvätern erdacht wurde, um einer tyrannischen Mehrheit Einhalt zu gebieten, dann ist das ebenso gefährlich, wie die Uneinsichtigkeit Trumps, Wahlen auch verlieren zu können. Ebenso schwer wiegt die Gefahr für das Land, wenn Demokraten die Idee hoffähig machen, im Zweifelsfall unliebsame Organe – wie den Obersten Gerichtshof – um so viele Richterstellen zu erweitern, dass man sich einer linken Ideen gegenüber aufgeschlossenen Mehrheit sicher sein kann.


Der Oberste Gerichtshof der USA; Symbolbild

Größer aber als die Gefahren, die von den Machthabern im Oval Office selbst ausgehen, die in ihrem Machtstreben von unterschiedlichen Checks and Balances immer wieder eingehegt werden, sind drei Entwicklungen an anderer Stelle.



  1. Die gefährliche Aushöhlung des Wahlsystems


Wahlen, bei denen kein Identitätsnachweis zu erbringen ist, untergraben die Integrität des demokratischen Prozesses selbst dann, wenn kein Betrug stattfindet. Sie sind ein Riss in einer Wand, die stark, aber nicht unzerbrechlich ist.

Von 15 Bundesstaaten, die keine oder nur minimale Kontrollen voraussetzen, werden ganze 13 von Gouverneuren der Demokratischen Partei geleitet. Zusammen stehen diese Bundesstaaten für 189 der mindestens 270 Wahlmännerstimmen, die nötig sind, um eine Präsidentschaftswahl zu entscheiden.

Durchaus ernst zu nehmen erscheint deshalb die Kritik vieler Konservativer, die bemängeln, dass sich unter den Bundesstaaten mit besonders wenigen Kontrollmechanismen Kalifornien (54 Wahlleute), New York (28 Wahlleute) und New Jersey (14 Wahlleute) befinden – alle drei Bundesstaaten sind besonders einflussreich und alle drei befinden sich auf der Liste der Hauptzufluchtsorte für illegale Migration. Und Migranten, das ist lange bekannt, spielen bei Wahlen traditionell der Demokratischen Partei in die Hände (mit Ausnahme beispielsweise von Migranten aus Kuba, die großflächig die Republikanische Partei wählen, kennen sie die Vor- und Nachteile sozialistischer Politik oft aus eigener Erfahrung).



  1. Die Gefährliche Berichterstattung


Neben den medial hierzulande selten diskutierten Eigenheiten des US-Wahlsystems, die Wahlmanipulation zwar nicht legalisieren, aber sie doch erleichtern, ist auch die Veränderung in der Medienlandschaft eine reale Gefahr für die amerikanische Demokratie.

Wo ernst zu nehmende Zeitungen in immer schärferem, manchmal fast autoritärem Ton, den Wählern die Richtung vorgeben, wo große TV-Sender ihrem Publikum den lästigen Denkprozess abnehmen, indem sie Themen einzig und allein aus einer Perspektive porträtieren und wo man im Zweifelsfall eher den Pressesprechern einer Terrororganisation glaubt, als der Regierung einer der Partei manchmal unliebsamen liberalen Demokratie, da verwundert es nicht, dass Glaubwürdigkeit abnimmt und Vertrauen verloren geht.

So eine Medienlandschaft, die aus Journalisten mit ähnlichem (akademischem) Hintergrund besteht, die ihren Nachwuchs oft aus demselben Milieu rekrutiert, hat gelernt, wie angenehm ein Leben in der Wärme ist, die kritikarme Berichterstattung über die Mächtigen mit sich bringt.

Der nicht nur in Deutschland verbreitete Neo-Journalismus von links, der oft Haltung und Zuspruch höher wertet als Fakten und rigorose Analyse, gefährdet die Glaubwürdigkeit auch der Journalisten, die kritisch sind und die sich nicht nach Applaus und Preisen aus den eigenen Reihen sehnen.



  1. Das gefährliche Vakuum


Die unsaubere mediale Arbeit, deren Hauptwerkzeuge immer wieder nicht Papier und Stift, sondern Brille und Blindheit gleichermaßen zu sein scheinen, hinterlässt ein gefährliches Vakuum, das dann von einer weiteren großen Gefährdung der zerbrechlichen freiheitlichen Demokratie eingenommen wird: die sozialen Medien.

Erschreckend vielen Kommentatoren fehlt jede Spur von Integrität, intellektueller Offenheit und Ehrlichkeit. Gerade den großen, charismatischen Kanälen mangelt es dabei häufig an der Unabhängigkeit, deren Ausbleiben sie den etablierten Medien (manchmal zu Recht) vorwerfen. Sie biedern sich ihrem Publikum an, formulieren und berichten gewollt reißerisch und einseitig. Sie verdienen ihr Geld mit dem Schüren von Angst, Wut und Verzweiflung. Und nicht wenige von ihnen folgen – absichtlich oder unabsichtlich – der Denkweise autokratischer Diktaturen oder freiheitsfeindlicher Ideologien.


Durch ausbleibende seriöse Einordnungen des komplexen Geschehens und durch den Zwang zur Einseitigkeit, der bei den sozialen Netzwerken Voraussetzung für Erfolg ist, bahnt sich ihr gefährliches Schwarz-Weiß-Denken barrierefrei einen Weg in die Köpfe der (häufig jungen) Menschen, die oft nicht ahnen, welcher Wucht an Fehlinformationen sie ausgesetzt sind und wie sehr ihr Denken manipuliert wird.


Besonders populär sind Juden hassende Nachwuchs-Islamisten, Kritiker mundtot machende Wokeisten und Verschwörungstheorien anhängende Rechtsradikale, die sich oftmals näher sind, als man das initial denkt. Ihre gemeinsamen Feinde sind die liberale Demokratie, Amerika und die Juden. Den Hass der Influencer und Kommentatoren bekommen Millionen Follower und Abonnenten zuverlässig in jeder Lebenslage um die Ohren gehauen. Ob in der Schule, auf der Arbeit, kurz vorm Schlafen gehen oder beim Gang auf die Toilette: der stete Tropfen Misstrauen höhlt den Stein und hinterlässt zuerst Misstrauen und am Ende Wut.


Courtesy: Donald J. Trump Presidential Library

Ja, die Demokratie ist in Gefahr.

In Amerika wie in Deutschland.


Bekanntlich ist es der kleine Tropfen, nicht die große Welle, die am Ende ein Fass zum Überlaufen bringt. Entsprechend sind es nicht unliebsame Präsidenten, die wie ein Damoklesschwert die Idee der liberalen Rechtsstaatlichkeit bedrohen. Auch dann nicht, wenn sie ungehobelt sind und es nicht leicht fällt, sie zu mögen.


Dass ein Cover des ehemals angesehenen Magazins Der Spiegel für eine hohe Auflage sorgt, wenn es Donald Trump zeigt, der ein blutiges Messer in der einen und den abgeschnittenen Kopf der Freiheitsstatue in der anderen Hand hält, ist billig, aber nachvollziehbar, scheint doch die Berichterstattung über den zukünftigen Präsidenten fast ganzheitlich negativ zu sein. Und Angst verkauft sich hervorragend. Außerdem: Wer will schon langwierige Analysen über die Tücken des Wahlsystems lesen, wenn es auch krasse Bilder tun, die bei uns eine Gänsehaut auslösen?

Unehrlich wie gefährlich wird es aber spätestens dann, wenn man eine seriöses Blatt wie die Süddeutsche Zeitung aufschlägt und dort ein stilisiertes Bild der mächtigsten Frau der Welt – Kamala Harris – antrifft, das mit den Worten „Und erlöse uns“ überschrieben ist. Unter dem Bild stehen dann die Worte: "Sie ist die Einzige, die die Welt noch vor Donald Trump retten kann."

Vielleicht muss die Welt aber gar nicht vor Donald Trump, sondern vor falschen Propheten gerettet werden – wenn wir uns schon biblischen Vokabulars bedienen.

Comments


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Tom in Israel, Kibbuz Kfar Aza.jpg

Die andere Perspektive.

Einseitiger Journalismus, wohin das Auge auch blickt. Ob die Tagesschau in Deutschland, Le Monde in Frankreich, die New York Times in den Vereinigten Staaten oder El País in Spanien. Man findet dieselben Nachrichten und dieselben Perspektiven.

Und in vielen alternativen Medien ist es nicht anders: fast alle wollen dagegen sein, grundsätzlich.

Im Gegensatz zu diesen Medien bleibe ich meinem Grundsatz treu, es niemandem recht zu machen, außer meinem Gewissen. Mal stehe ich deshalb auf der einen, mal auf der anderen Seite. Doch meistens irgendwo dazwischen. Mit einem nuancierten Blick baut man sich vielleicht keine große Fangemeinde auf, bleibt allerdings der Unabhängigkeit treu. Nach dem kurzen Motto: Freiheit aushalten.

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